"Grün Texten" – geht Das?

Ja, das geht. Und nein, damit sind keine Abhandlungen über englische Gärten gemeint, analoge Schreibarbeit oder das Printen auf umweltfreundlichem Papier. Das hier gemeinte »Grün« geht einen Schritt weiter: »Sprache schafft Wirklichkeit«, ein Grundprinzip, das nicht mehr nur in der akademischen Welt diskutiert wird. Wirklichkeit schafft Vorstellung. Was wir lesen, stellen wir uns vor. Und was wir uns vorstellen (können), beeinflusst uns in dem, was wir sind, wie wir sind und was wir tun. Deshalb meint »grün texten« in erster Linie einmal zu »gendern«. Dafür gibt es eine Erklärung – und die fängt genau hier an:

Sei konkret!

Wenn ich von einer Lehrerin lese, stelle ich mir keinen Mann vor, sondern eine Frau. Da sind wir uns einig? Ok. Warum soll ich also von einem »Lehrer« lesen, der ein Mann ist, und mir dabei eine Frau vorstellen? Du wirst darauf keine plausible Antwort finden. Hier läuft es nämlich so, wie bei fast allem im Leben: Du lernst nur, indem du es tust. Mit dem Prinzip des Genderings (= Berücksichtigung des Geschlechteraspekts in allen Bereichen des Lebens) – wird sichergestellt, dass wir uns auch genau das vorstellen, was gemeint ist. Oft heißt es: „Also, wenn ich »Arbeiter« sage, meine ich doch ALLE mit.“ – Verstehe! Nein, eigentlich nicht. Alles ziemlich unkonkret. Und unkonkret bedeutet »unsicher«, und unsicher ist nie gut. Merke dir: Meine nichts einfach mit, wenn du etwas sagst oder schreibst. Wenn du eine Professorin meinst, dann sag auch »Professorin«. Sei konkret! Benenne die Menschen mit den Worten, die sie für sich selbst wählen würden und mit denen sie sich identifizieren.

Frag nach!

Viele Fragen zu haben ist meistens gut. Alle Antworten zu kennen ist meistens weniger gut. Das ist auch die Essenz eines guten Textes: Finde heraus, wen du vor dir hast. Finde heraus, was er/sie/es macht. Finde heraus, wohin er/sie/es gehen will. Und finde vor allem heraus, was du dazu beitragen kannst, dass er/sie/es den eigentlichen Weg auch findet. Ah ja: Und vermeide das Wort „eigentlich“.

Bleib offen!

Zu gendern geht nicht nur immer – zu gendern ist eine Haltung. Zu gendern meint, offen zu sein und zu bleiben, den Blick über den Tellerrand zu richten. Als Texter, Korrekturleserin oder Lektor hast du auch Verantwortung dafür, dich mit deinen Auftraggeber_innen darüber zu unterhalten, wie im 21. Jahrhundert grundlegend getextet wird. Denn du bist ihr Sprachrohr – die Kommunikationsschnittstelle nach draußen.

Go for it.